Inhalt:
Veranstaltungen
Tagung auf der Insel Reichenau
07.-09. November 2025
"SCHECHINA – Gottes Gegenwart in der Welt"
Einwohnung und Inkarnation im jüdisch-christlichen Dialog
Tagung zu Friedrich Weinreb vom 07.-09. November 2025 auf der Insel Reichenau
Veranstalter: Friedrich-Weinreb-Freundeskreis
Friedrich Weinreb zufolge erzählen die zwölf Tierkreiszeichen an der ‚Grenze‘, rakija (‚Feste‘), zwischen Himmel und Erde „vom Ablauf dieser Welt. Israel aber soll sich von ihnen nicht abhängig machen; denn Israel stellt das Göttliche [die Geistseele] im Menschen dar und kann daher über diese Grenze hinausdringen. Nach dem Gesetz des Tierkreises wäre ein Volk wie das der Israeliten überhaupt nicht möglich, ebensowenig wie die Schechinah, die Anwesenheit Gottes auf Erden. Aber Israel und die Schechinah stoßen sich nicht daran, stammen sie doch aus einer Welt, in der das Gesetz der Zweiheit, des Gegensatzes, noch gar nicht existiert. Das Eine durchbricht das Gesetz“ (Die Symbolik der Bibelsprache, 1999, 79f). Dieses ‚Eine‘ kann nur dort ‚ein-wohnen‘, wo die Zweiheit
‚aufgehoben‘ ist: in dem einen Tempel in Jerusalem als ‚Mitte‘ und ‚Mittler‘ zwischen Gott und der Welt, dem (sakramentalen) Ort des Heiligen als In-eins von unsichtbarer und sichtbarer Welt, Geist und Sinnlichkeit – von Gott selbst erbaut; Weinreb schreibt: „Das Haus steht immer als Prinzip in der Mitte überhaupt. (…) Eine Mitte (ist) immer das Zentrale, Wichtigste…, die Achse, um die sich alles bewegt, wodurch alles seinen Ort und seinen Sinn findet. In dieser Welt ist die Mitte der Ort Israel, das ‚Land‘, die ‚Welt‘, die Erde Israel. Und davon ist die
Mitte der Ort, die Stadt Jerusalem. In dessen Mitte steht der Berg des Hauses, und in dessen Mitte dann das ‚Haus‘. Und in diesem Haus ist das Heilige wieder die Mitte. Und im Heiligen ist die Mitte das Heilige vom Heiligen. Dort, im Heiligen vom Heiligen, wohnt Gott zwischen den beiden Cherubim auf dem Deckel der Lade des Bundes. Des Bundes von Gott und Mensch, von Himmel und Erde. Diese Mitte des Lebens, siebenfach, enthält als letztes, als Achtes, Gottes schechinah, sein Wohnen, sein Ruhen zwischen den beiden
Cherubim“ (Das jüdische Passahmahl, ³2023, 269).
Im Buch Bahir (spätes 12. Jh.) ist die Schechina der ‚weibliche‘ Aspekt Gottes, „an der Grenze zwischen dem himmlischen und dem irdischen Bereich“; zugleich wird sie, so Peter Schäfer, „als Gottes Gesandte auf die Erde hinabgeschickt. In ihrer zweifachen Eigenschaft als Teil der Gottheit und als ‚mündliche Tora‘ dient sie als Gottes ‚Verkörperung auf Erden‘ – mit der alleinigen Aufgabe, Israel zu Gott zurückzuführen und dann, nachdem sie ihren Auftrag erfüllt hat, sich selbst mit der Gottheit wiederzuvereinigen. Die bahirische Schechina bildet die Brücke zwischen beiden Welten, sie ist die wahre Mittlerin (mediatrix) zwischen Gott und der Menschheit“ (Weibliche Gottesbilder, 2008, 25).
Im zehngliedrigen Sefirot-Baum repräsentiert die unterste, zehnte Sefira Malchut (Königreich) auch die Schechina; Adin Steinsaltz schreibt: „Wenn Malchut in der Welt enthüllt wird, wird sie ‚Schechina‘ genannt, das Aufleuchten des Göttlichen in der Wirklichkeit der Welt, als innerer Lebensgeist von allem, was ist.“ Schechina ist die „ ,Einwohnung‘, die Gegenwart der Heiligkeit in der Welt“, des Ewigen in der Zeit (Die dreizehnblättrige Rose, 2011, 231).
Nach Gershom Scholem bedeutet die Schechina „Gott selbst in seiner Allgegenwart und Aktivität in der Welt und
insbesondere in Israel. Gottes Präsenz, das, was die Bibel sein ‚Antlitz‘ heißt, ist im rabbinischen Sprachgebrauch seine Schechina“ (Zur Kabbala und ihrer Symbolik, 1970, 140). In der Kabbala wird die Schechina auch „mit der „mystischen Ekklesia Israels einerseits und mit der Seele (Neschama) andererseits“ (142) sowie mit Luna (‚Möndin‘) identifiziert: „Die Schechina selber ist der ‚Heilige Mond‘, der [durch den Sündenfall] von seinem Rang gesunken, seines Lichts [Lichtkleides] beraubt und ins kosmische Exil geschickt worden ist. Seitdem strahlt sie nur noch, ganz wie der Mond, in reflektiertem Licht“ (200). Die Kabbalisten von Safed (16. Jh.) erklären das Exil der Schechina mit der Sünde Adams, die sich „unablässig in jeder anderen Sünde“ wiederholt: „So wie für das religiöse Gefühl der alten Kabbalisten das Exil der Schechina ein Symbol unserer eigenen Verschuldung ist, muss es der Sinn der religiösen Handlung sein, solches Exil wieder aufzuheben oder doch auf seine Aufhebung vorbereitend hinzuarbeiten. Die Wiedervereinigung Gottes und seiner Schechina ist der Sinn der Erlösung. In ihr werden … das Männliche und das Weibliche zu ihrer ursprünglichen Einheit zurückgeführt, und in der ununterbrochenen Vereinigung beider strömen die zeugenden Gewalten wieder ungehemmt durch alle Welten“ (144f). Die Erlösung geschieht so als heilige Hochzeit in Gott selbst, an der aber Israel als ‚Braut‘ und ‚Mutter‘ und alle gläubigen Israeliten Anteil haben.
Weinreb schreibt: „Die ‚schechinah‘ lebt in dieser Welt in Verbannung, sie leidet hier. Das zeigt, dass dieses Konkrete so wichtig ist, dass Gott – um es zu Stande zu bringen und in Stand zu halten – seine ‚schechinah‘ hierherschickt. Es ist dieselbe Geschichte, die im Neuen Testament als die Ankunft von Jesus in dieser Welt und seinem Leiden hier erzählt wird“ (Der Weg durch den Tempel, 2000, 280). Für den jüdisch-orthodoxen Religionsphilosophen Michael Wyschogrod (1928–2015) ist durchaus denkbar, in der Menschwerdung des Logos oder der Weisheit in Jesus die Steigerung der Lehre von der Einwohnung Gottes in Israel“ zu sehen (zit. nach Walter Homolka, Der Jude Jesus – eine Heimholung, 2020, 162). Die Inkarnation ist für Wyschogrod „nicht grundsätzlich antithetisch zum Judentum“; gleichwohl erachtet er sie doch als nicht akzeptabel, weil „das, was dem jüdischen Volk als Ganzem zukommt, im Christentum einem einzelnen zugeschrieben wird. Das sei der Differenzpunkt zwischen Judentum und Christentum“ (Hans Hermann Henrix, Jesus Christus im jüdisch-
christlichen Dialog, in: StdZ 1/2006, 43-56, 50). In Jesus als dem neuen Adam ist die ganze erlöste Menschheit wieder „eins“ (Gal 3,28). – Herzliche Einladung zur Tagung!
Dr. Klaus W. Hälbig
Freitag, 07.11. |
18.00 |
Abendessen |
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19.30 |
Wo ist Gott? (2022) Der international ausgezeichnete Dokumentarfilm lässt eine Karmeliter-Nonne, einen Sufi-Mönch, einen frommen Juden (Gabriel Strenger) und eine Zen-Meisterin von ihren religiö- Anschließend Gespräch mit der Regisseurin |
Samstag, 08.11. |
09.00
10:30 |
Die weibliche Gestalt Gottes als mythischer Sehnsuchtstraum Die Schechina und ihre weltlichen Symbole im Buch Sohar Pause |
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11.00 |
Die Einwohnung göttlicher Weisheit (1. Teil) Zu einer notwendigen geistigen Dr. Uwe Marksthaler, Kirchzarten |
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12.30 |
Mittagessen |
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15.00 |
Das Jenseits, das Diesseits und das mystische Dazwischen Göttliche Einwohnung als menschlicher Lebenssinn im Neo-Chassidismus Gabriel Strenger, Psychotherapeut, Autor und Dozent, Jerusalem |
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16.30 |
Pause |
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17.00 |
Die Einwohnung göttlicher Weisheit (2. Teil) Kabbalistische Betrachtungen und biblische Kontexte Dr. Uwe Marksthaler, Kirchzarten |
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18.30 |
Abendessen |
Sonntag, 09.11. |
10.00 |
Gottesdienst Johannes Messerer, Poppenhausen |
12.00 |
Mittagessen, Ende der Tagung |
Tagungsbeitrag |
Ganze Tagung: 95 € |
Aufenthaltskosten |
Mahlzeiten, am Tagungsort bar zu bezahlen: |
Anmeldung im unten |
Friedrich Weinreb Freundeskreis E-Mail: khaelbig@web.de |
Anmeldeschluss |
30. September 2024 |
Unterkunft
Die Übernachtung buchen Sie bitte direkt bei der Tagungsstätte FamilienFerien Insel Reichenau.
FamilienFerien Freiburg, Haus Insel Reichenau
Markusstrasse 15
DE-78479 Insel Reichenau
Tel: 0049 (0) 7534-99550
reichenau@familienferien-freiburg.de
Weitere Unterkunftsmöglichkeiten können bei der Tourist-Information der Insel Reichenau angefragt werden:
Tel.: 0049 (0) 7534 92070;
info@reichenau-tourismus.de